Fehlwahrnehmung der Progressivität der deutschen Einkommensteuer

Jahr: 2022
Typ: Journal Publication
Fachzeitschrift: Steuer und Wirtschaft
Open Science:

Abstract

Der Beitrag zeigt, dass es vielen Personen schwerfällt, die Progression des deutschen Einkommensteuertarifs richtig einzuschätzen. Die damit verbundene Fehlwahrnehmung der Steuerprogression ist unterschiedlich ausgeprägt, je nachdem welche Dimension von Steuerprogression abgefragt wird. Zwar ist immerhin knapp der Hälfte der Befragten bewusst, dass Durchschnitts- und Grenzsteuersätze mit steigendem Einkommen zunehmen. Auch wissen etwas über 23 % der Befragten, dass der Grenzsteuersatz größer als der korrespondierende Durchschnittssteuersatz ist. Jedoch wird das Ausmaß der Progression für beide Steuersätze deutlich unterschätzt, was vor allem an der erheblichen Überschätzung der Steuersätze für niedrige Einkommen liegt. Schlecht bestellt ist es auch um die Kenntnis über das Verhältnis von Anteil am aggregierten Einkommen und dem Beitrag zum Einkommensteueraufkommen der Top 10 %-Einkommensbezieher. Während die Schätzung des Anteils dieser Personengruppe am gesamten Einkommen überraschend gut gelingt, wird deren Beitrag zum Steueraufkommen dramatisch unterschätzt und im Ergebnis eine deutlich regressive Besteuerung unterstellt. Hinsichtlich der Progressivität der deutschen Einkommensteuer sprechen sich Befragte, die den Beitrag der Top 10 %-Einkommensbezieher zum Einkommensteueraufkommen als zu gering ansehen, für eine deutliche Verschärfung gegenüber der von ihnen wahrgenommenen Progression aus. Dagegen plädieren die übrigen Befragten für eine Reduktion der Steuerprogression. Vergleicht man die als fair eingestuften Steuersätze mit den tatsächlichen Steuersätzen, zeigt sich, dass fast zwei Drittel der Befragten aufgrund ihrer Fehlwahrnehmung glaubt, für eine Steuersenkung für ein Bruttogehalt i. H. v. 10.000 € zu plädieren, welche tatsächlich eine Steuererhöhung bedeuten würden.

Beteiligte Institutionen

Die Hauptstandorte vom TRR 266 sind die Universität Paderborn (Sprecherhochschule), die HU Berlin und die Universität Mannheim. Alle drei Standorte sind seit vielen Jahren Zentren für Rechnungswesen- und Steuerforschung. Hinzu kommen Wissenschaftler der LMU München, der Frankfurt School of Finance and Management, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover, die die gleiche Forschungsagenda verfolgen.

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