Ein wirksames Steuersystem
Neue Steuergesetze und Berichtspflichten wie die globale Mindeststeuer, das Country-by-Country-Reporting oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung zeigen: die Steuerwelt entwickelt sich ständig weiter. Neue Vorschriften bringen auch neue Herausforderungen mit sich: zum Beispiel mehr Komplexität. Mit ihrer Forschung im TRR 266 tragen unsere Forschenden dazu bei, Steuersysteme so transparent, effektiv und einfach wie nötig zu gestalten.
Steuern sind komplex –Brauchen wir ein einfacheres Steuersystem?
Sowohl Unternehmen als auch Einzelpersonen leisten, indem sie Steuern zahlen, einen Beitrag zur Gesellschaft. Was viele für eine klare Angelegenheit halten, gestaltet sich in der Praxis oft schwieriger als gedacht. Denn Steuern und ihre Wirkungen sind komplex. Zudem können Steuervorschriften unpräzise und undurchsichtig sein. Daher gehen die Forschenden des TRR 266 diesen Fragen nach: Wie beeinflussen Steuern unternehmerische Entscheidungen? Schätzen Privatpersonen und Unternehmen ihre eigene Steuerlast richtig ein? Und wie können wir ein wirksames Steuersystem gestalten, das die Wirtschaft stimuliert und allen Akteuren gerecht wird? Auf der Grundlage ihrer Forschungsergebnisse liefern die Forschenden wichtige Hinweise für Unternehmen, Regulierungsbehörden und Politiker und Politikerinnen.
Steuerdurchsetzung und Regulierung – Motor oder Hindernis für die Wirtschaft?
Unternehmen sind oft mit verschiedenen Arten von Steuern konfrontiert, zum Beispiel mit Unternehmens-, Verbrauchs- und Umweltsteuern, die von Land zu Land unterschiedlich sein können. Unklare Vorschriften können Steuern zu einem sehr komplexen Thema machen und die Entscheidungen eines Unternehmens beeinflussen. Im Projekt B01 „Investment Effects of Multidimensional Taxation“ untersuchen die Forschenden, wie fehlende Steuertransparenz auf Investitionsentscheidungen und Compliance wirkt. Sie stellen sich unter anderem folgende Fragen: Investieren Unternehmen weniger, wenn Steuervorschriften unklar sind? Vermeiden sie Steuern? Und wie wirkt sich fehlende Transparenz auf die Beschäftigung und die Produktivität der Unternehmen aus? Wie managen Unternehmen steuerliche Risiken? Und welche Auswirkungen haben Informationsintermediäre wie Steuerberater auf die Tax Compliance? Mit ihren Ergebnissen liefern die Forschenden wichtige Handlungsimpulse für aktuelle politische Debatten zur Gestaltung von Steuervorschriften.
Steuerliche Fehlwahrnehmungen: Wie Transparenz helfen kann
Steuern spielen sowohl für Einzelpersonen als auch für Unternehmen eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung, zum Beispiel bei Finanzierungs- oder Investitionsentscheidungen. Allerdings können Steuerinformationen aufgrund verschiedener Steuergesetze und -richtlinien sehr komplex sein, was zu einer Fehleinschätzung der Höhe der steuerlichen Belastung führen kann. Unsere Forschenden im Projekt B08 „Tax Burden Transparency“ untersuchen deshalb, wie steuerliche Fehleinschätzungen entstehen und welche Konsequenzen sie haben. Zum Beispiel: Wie wirken sie sich auf unternehmerische Entscheidungen aus? Ist mehr Transparenz bei steuerlichen Regelungen erforderlich? Muss die Steuerpolitik in dieser Hinsicht verbessert werden?
Ihre Forschung liefert wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung steuerlicher Regelungen und Gesetze – zum Beispiel für Gesetze, die dazu dienen, Investitionen und das Wirtschaftswachstum zu fördern.
Forschende des TRR 266 haben theorie- und evidenzbasiert beispielsweise immer wieder einen erweiterten Verlustrücktrag vorgeschlagen.
Steuerkomplexität: Es braucht einfachere Lösungen
Die globalen Steuersysteme stehen aufgrund neuer Vorschriften, der Digitalisierung und dem globalen Steuerwettbewerb vor immer neuen Aufgaben. Diese dynamische Entwicklung hat einen erheblichen Einfluss auf die Komplexität der Steuersysteme. Steuerkomplexität und damit der Mangel an regulatorischer und administrativer Transparenz werden von Unternehmen und Finanzverwaltung oft als Herausforderung angesehen; sie kann aber auch Chancen bieten. Das Projekt A05 „Accounting for Tax Complexity“ untersucht mithilfe des Tax Complexity Index die Entwicklung der Steuerkomplexität und ihre Folgen. Dieser Index misst die Komplexität ertragsteuerlicher Regulierungen und Prozesse eines Landes, der multinationale Unternehmen ausgesetzt sind. Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass multinationale Unternehmen in den letzten Jahren mit einer zunehmenden Steuerkomplexität zu kämpfen haben. Sie dokumentieren aber auch, dass in 2022 der Anstieg an Komplexität etwas schwächer wird. Vereinfachungen bleiben weiterhin notwendig, zum Beispiel bei der globalen Mindeststeuer: Die Forschenden des TRR 266 haben hierfür eine Vereinfachung vorgeschlagen, die 2023 vom Deutschen Bundestag ins Gesetz aufgenommen wurde. Ihre Ergebnisse zeigen aber auch, dass Komplexität auf unterschiedliche Unternehmen sehr unterschiedlich wirken kann und nicht zwangsläufig schädlich ist.
Transparenz – Allheilmittel für Steuervermeidung und Nachhaltigkeit?
Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen hat in der Vergangenheit und auch aktuell viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Steuervermeidung ist anders als Steuerhinterziehung zwar legal, wirft aber ethische Bedenken auf und hat erhebliche Folgen für die Staatsfinanzen und die soziale Gleichheit. Offenlegungsvorschriften sollen Steuervermeidung entgegenwirken und dafür sorgen, dass jeder Staat, den Anteil an Steuern erhält, der ihm zusteht. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen bestimmte Unternehmen außerdem Informationen über ökologische, soziale und staatliche Aspekte erheben und offenlegen.
Die TRR 266 Forschenden untersuchen daher, wie sich verpflichtende Offenlegungsvorschriften und die freiwillige Offenlegung von Steuerinformationen auf Unternehmen auswirken, um ihnen optimale Strategien für die Offenlegung von Steuern empfehlen zu können.
Ist mehr Transparenz immer eine gute Idee?
Stakeholder wünschen sich zunehmend mehr Transparenz über die Aktivitäten von Unternehmen. Gleichzeitig streben auch die Steuerbehörden eine Ausweitung der Offenlegungspflichten an.
So wurde mit dem Privat Country-by-Country Reporting (CbCR) Berichtspflichten geschaffen, die mithilfe von mehr Transparenz Steuervermeidung bekämpfen sollen. Multinationale Unternehmen müssen ihren Steuerbehörden für jedes Land, in dem sie tätig sind, bestimmte Leistungsindikatoren wie Umsatzerlöse, Gewinne und gezahlte Einkommenssteuern melden. Public CbCR geht noch einen Schritt weiter, indem es die Unternehmen verpflichtet, diese Informationen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Aber führt mehr Transparenz wirklich zu mehr Steuergerechtigkeit? Oder hat sie auch negative Auswirkungen – zum Beispiel für die betroffenen Unternehmen?
Der Wunsch nach Transparenz über die Aktivitäten von Unternehmen zeigt sich auch im weltweiten Vorstoß der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Im Jahr 2019 hat die Global Reporting Initiative (GRI) eine Steuerrichtline beschlossen, nach der die Berichterstattung über ökologische, soziale und staatliche Aspekte (ESG) für bestimmte Unternehmen verpflichtend ist.
Das Projekt B06 „Effects of Demand-driven Disclosures in Tax and Sustainability“ untersucht daher, wie sich dieses ständig verändernde Informationsumfeld für nicht-finanzielle Angaben auf die Aktivitäten von Unternehmen auswirkt, z. B. auf die Produktion, Standortentscheidungen oder ESG-Investitionen. Ihre Erkenntnisse helfen Unternehmen bei der Gestaltung optimaler Strategien für die Offenlegung von Steuer- und Nachhaltigkeitsinformationen.
Wann profitieren Unternehmen von der Offenlegung von Informationen?
Mit steuerlichen Berichtspflichten wie dem Country-by-Country-Reporting erhöhen Regierungen zunehmend die steuerliche Transparenzanforderungen für Unternehmen, die dadurch bestimmte Steuerinformationen mit der Öffentlichkeit teilen müssen. Aufgrund der jüngsten wirtschaftlichen Herausforderungen (COVID-Pandemie, Ukraine-Krieg und Inflation) könnte Steuertransparenz sogar noch an Bedeutung gewinnen, da die Regierungen unter besonderem Druck stehen, ihre Steuereinnahmen zu erhöhen.
Offenlegungspflichten wie Country-by-Country-Reporting zielen darauf ab, die Einhaltung von Steuervorschriften zu fördern und Steuervermeidung zu bekämpfen. Auch Stakeholder (z. B. Investoren und Investorinnen) sind heutzutage mehr daran interessiert zu erfahren, wie Unternehmen mit Steuern umgehen. Unternehmen, die sich dazu entscheiden, freiwillig Informationen offenzulegen, könnten somit dafür belohnt werden. Doch bewirkt die höhere steuerliche Transparenz das, was man sich von ihr verspricht? Oder hat sie auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen?
Im Projekt B07 „Kosten und Nutzen von Steuertransparenz“ untersuchen die Forschenden daher die konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen von verpflichtender und freiwilliger Steuertransparenz auf Unternehmen und ihre Stakeholder – sowie auf Steuerreformen. Ihre Erkenntnisse sollen dazu beitragen, das Zusammenspiel zwischen den Managemententscheidungen der Unternehmen (z. B. Investitions- oder Offenlegungsentscheidungen) und den (erwarteten) Reaktionen der Stakeholder zu entschlüsseln.