Steuerkomplexität steigt weltweit
Forscher veröffentlichen erste Daten ihrer 2020 Tax Complexity Umfrage
In den letzten Jahren hat sich die Steuerlandschaft dynamisch entwickelt und multinationale Konzerne werden immer häufiger mit steuerlichen Änderungen konfrontiert. Diese Änderungen können sich auf die Steuerkomplexität eines Landes auswirken und weitreichende Folgen für die Standortqualität haben. Daher untersuchen Forscher*innen des TRR 266 „Accounting for Transparency“ der Universität Paderborn und der LMU München seit 2016 in der „Global MNC Tax Complexity Survey“ das Thema Steuerkomplexität in Bezug auf multinationale Unternehmen. Dazu werden alle zwei Jahre Umfragen an lokale Steuerexpert*innen internationaler Steuerberatungsunternehmen und -netzwerke in mehr als 100 Ländern verschickt. Aus diesen Daten entsteht der „Tax Complexity Index“.
Die Haupterkenntnis der neuesten Studie: In 58 von 110 Ländern ist die allgemeine Steuerkomplexität für multinationale Unternehmen in den letzten zwei Jahren gestiegen. „Der Anstieg der Steuerkomplexität ist ein Trend, der unserer vorherigen Umfrage (2018) folgt, da auch zu dem Zeitpunkt die allgemeine Komplexität im Vergleich zu 2016 gestiegen war. Steuerkomplexität stellt einen wichtigen Standortfaktor dar“, erläutert Prof. Dr. Deborah Schanz, Vorstand des Instituts für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der LMU München.
Die 2020er Daten der Tax Complexity-Befragung geben zudem wieder einmal eine klare Auskunft über den komplexesten Bereich steuerlicher Regulierung: steuerliche Verrechnungspreise. Dies geht vor allem auf hochkomplexe Dokumentationspflichten und Unklarheiten in den Regulierungen zurück. „Steuerliche Verrechnungspreise werden wohl auch in Zukunft, auch nach einer etwaigen Umsetzung der jüngsten G7-Beschlüsse zur internationalen Unternehmensbesteuerung, durch enorme Komplexität gekennzeichnet sein“, erklärt Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insb. Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Paderborn und Sprecherin des Sonderforschungsbereichs TRR 266 „Accounting for Transparency“. „Die erheblichen Unsicherheiten über die konkrete Ausgestaltung der neuen Pillar One-Regeln zur internationalen Gewinnaufteilung könnten die Komplexität an dieser Stelle noch weiter erhöhen“, so Sureth-Sloane.
Weitere Ergebnisse der Studie zeigen auch in anderen Bereichen Probleme. So scheinen Qualitätsmängel das größte Problem beim Erlass von neuen Steuergesetzen zu sein. Darüber hinaus existiert auch bei Einsprüchen gegen Steuerbescheide ein großes Problem: Die unvorhersehbaren Zeiträume zwischen der Einreichung eines Einspruchs und der entsprechenden Entscheidung. „Diese Zeiträume sind oft sehr lang, was zu Unsicherheit führt. Dies gilt auch bei internationalen Verständigungsverfahren, wodurch diese zu einem weniger attraktiven Instrument zur Streitbeilegung werden“, fasst Deborah Schanz zusammen.
Tax Complexity Index
Um die Ergebnisse zu veranschaulichen und für alle zugänglich zu machen, haben die Forscher*innen die interaktive Website www.taxcomplexity.org erstellt. Die neue Website zeigt Daten aus den Jahren 2016 und 2018 und ermöglicht es, Veränderungen der Steuerkomplexität im Länder- und Zeitvergleich zu betrachten. Bevor die Daten aus 2020 voraussichtlich im September auf der Website erscheinen, werden sie noch einmal genauer validiert. Einen Ausblick darauf gibt aber schon jetzt die Executive Summary.