Reaktionen von Investoren zum Country-by-Country Reporting
Ein Forscherteam der Universität Mannheim und des ZEW Mannheim, einschließlich Johannes Voget und Katharina Nicolay, hat die Reaktionen des Kapitalmarktes auf die Einführung des Public Country-by-Country Reporting (CbCR) für EU-Finanzinstitute im Jahr 2013 untersucht. Bezogen auf die vollständige Stichprobe von Finanzinstituten mit Sitz in der EU deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass die Anleger auf diesen neuen Standard nicht reagieren. Weitergehende Analysen decken jedoch auf, dass die Kapitalmarktreaktionen bei Banken mit unterschiedlichen Charakteristika unterschiedlich ausfallen – mal positiv, mal negativ. Im Folgenden erläutern Voget und Nicolay diese Ergebnisse und die Relevanz ihrer Studie im Zusammenhang mit der derzeitigen Debatte, ob große multinationale Unternehmen in der EU zum Country-to-Country-Reporting verpflichtet werden sollen.
Wir beabsichtigten ein allgemeineres Verständnis dafür zu vermitteln, wie die Anforderungen an die Steuerberichterstattung von Investoren wahrgenommen werden. Die Einführung einer CbCR Vorschrift für EU-Finanzinstitutionen in 2013 (siehe Infobox) impliziert, dass mehr steuerrechtliche Informationen für Anleger*innen und die Öffentlichkeit zugänglich sind. Um die Konsequenzen der neuen Gesetzgebung für die künftigen Unternehmensprofite beurteilen zu können, müssen die Investor*innen vorhersagen, wie Manager*innen, Steuerbehörden, Konsument*innen und die öffentliche Meinung auf eine derartige neue Anforderung reagieren werden.
Unsere Erwartungen
Auf der einen Seite könnte man erwarten, dass Anleger*innen die bevorstehende Verbesserung der Steuertransparenz begrüßen. Es kann als Tool zur verbesserten Kontrolle der Steuerhinterziehungstätigkeiten von Unternehmen fungieren, wodurch die private Mietzinseinnahme durch Unternehmerinhaber*innen erschwert wird. Dieser Rückgang der Informationsasymmetrie könnte zwischen Manager*innen und Aktionär*innen eine positive Aktienkursreaktion auslösen. Auf der anderen Seite, könnten Anleger*innen negativ reagieren, da sie einen Rückgang der zukünftigen Gewinne der Banken erwarten. Diese beiden gegensätzlichen Reaktionsmöglichkeiten haben wir auf Basis von Kapitalmarktdaten empirisch untersucht.
Vorangegangene Studien zur Einführung von ähnlichen Maßnahmen zur Steuertransparenz deuten auf eine negative Kapitalmarktreaktion hin, die daher auch wir erwarten. Die Gründe für eine negative Reaktion der Investor*innen lauten wie folgt: Erstens könnten Finanzinstitute ihre Gewinnverlagerungen reduzieren, da die zusätzlichen Informationen es den Steuerbehörden ermöglichen, Steuervermeidungsverhalten effizienter festzustellen. Unternehmen werden deshalb mehr Steuern zahlen und weniger Gewinn nach Steuern erzielen. Gleichermaßen kann ihr Ruf auf dem Spiel stehen; ein Anstieg der öffentlichen Kontrolle könnte Banken dazu veranlassen, freiwillig ihren „fairen Anteil der Steuern“ zu zahlen. Zudem kann die neue Meldemaßnahme zu einem Anstieg sowohl der direkten Kosten, zum Beispiel für die Anpassung des Berichtssystems und die Erstellung der Berichte, als auch der indirekten Kosten infolge von Rufschädigungen führen.
Gesamte Aktienkursreaktion
Um die Reaktion der Investor*innen festzustellen, haben wir eine Ereignis-Studie durchgeführt. Die Intention, eine neue Meldepflicht einzuführen, wurde am 27. Februar 2013 bekanntgegeben und hat für große Überraschung gesorgt. Aus diesem Grund kennzeichnet dieses Datum das Schlüsselereignis unserer Studie. Wir haben die Kapitalmarktreaktion auf die Aktienkurse an diesem Tag untersucht. Unsere Gesamtstichprobe zeigte weder eine positive noch eine negative Reaktion von Anleger*innen. Wir haben unsere Studie um zusätzliche Ereignisdaten und Robustheitstests erweitert, unsere Gesamtergebnisse blieben dadurch allerdings unverändert.
Keiner der Effekte dominiert
Bei der Aufteilung unserer Stichprobe haben wir jedoch festgestellt, dass die Reaktion bei Banken, die in ausgewählten Steueroasen tätig sind, und bei Banken mit einer überdurchschnittlichen Business-to-Consumer-Orientierung etwas negativer ist, während die Reaktion bei Banken mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an institutionellen Investor*innen etwas positiver ausfällt. Basierend auf diesen Ergebnissen und der vorherigen Literatur kommen wir zu dem Schluss, dass die Anleger*innen sowohl mit einer Verringerung der Steuervermeidungsmöglichkeiten der Banken als auch mit einem Rückgang der Informationsasymmetrien zwischen Manager*innen und Aktionär*innen gerechnet haben. Diese beiden unterschiedlichen Kanäle lösen sowohl negative als auch positive Kapitalmarktreaktionen aus, führen aber, da sie sich gegenseitig aufheben, zu einem durchschnittlichen Gesamteffekt von Null.
Auswirkungen
Unsere Ergebnisse sind besonders relevant für politische Entscheidungsträger*innen, die über die Umsetzung zusätzlicher steuerlicher Offenlegungsvorschriften entscheiden. Zusammenfassend stellen wir fest, dass die Reaktionen des Kapitalmarktes auf die Erhöhung der Steuertransparenz entscheidend von der genauen Gestaltung und dem Ziel der Initiative abhängen. Im Vergleich zum CbCR für EU-Finanzinstitute sieht der aktuelle Vorschlag der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments für ein öffentliches CbCR für alle multinationalen Unternehmen in der EU mit Gewinnen über einer bestimmten Schwelle eine deutlichere Art der Offenlegung und eine umfassendere Liste der meldepflichtigen Positionen vor. Dies könnte die Wirksamkeit des CbCR bei der Verhinderung von Steuerumgehungen weiter erhöhen und damit die Wahrnehmung der Offenlegungspflicht durch die Anleger beeinflussen.
Das Paper wird durch eine weitere Studie über die zusätzlichen Erkenntnisse ergänzt, die die CbCR-Daten in Bezug auf die Steuerplanung und die Nutzung von Steueroasen durch EU-Finanzinstitute im Vergleich zu herkömmlichen Datensätzen liefern.
Lesen Sie den vollständigen Artikel „Investors‘ reactions to country-by-country reporting“ von Verena K. Dutt, Christopher A. Ludwing, Katharina Nicolay, Heiko Vay und Johannes Voget; International Tax and Public Finance. https://doi.org/10.1007/s10797-019-09575-4.
Zitation dieses Blogs:
Nicolay, K., & Voget, J. (2019, November 6). Reaktionen von Investoren zum Country-by-Country Reporting, TRR 266 Accounting for Transparency Blog. https://www.accounting-for-transparency.de/de/reaktionen-von-investoren-zum-country-by-country-reporting/
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Das Country-by-Country Reporting ist eine Maßnahme zur Begrenzung umfangreicher gewinnorientierter Aktivitäten. Gemäß Artikel 89 der Eigenkapitalrichtlinie IV (Richtlinie 2013/36/EU) sind Kreditinstitute und Wertpapierfirmen der EU verpflichtet, den Umsatz, die Anzahl der Mitarbeiter, das Ergebnis vor Steuern, die Besteuerung des Ergebnisses und der auf nationaler Ebene erhaltenen öffentlichen Zuschüsse sowie Name, Ort und Art der Tätigkeiten ihrer Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen öffentlich anzugeben. Gruppen mit Sitz in der EU müssen ein Country-by-Country Report für die gesamte Gruppe bereitstellen, während Gruppen mit Sitz außerhalb der EU nur Informationen über ihre EU-Einheiten, einschließlich ihrer Tochtergesellschaften und Niederlassungen, offenlegen müssen.
Wir verwendeten eine Methodik der Event-Studie. Für unsere Hauptspezifikation haben wir die Eigentumsinformationen aus der Datenbank Orbis Bank Focus verwendet, um eine Stichprobe von börsennotierten Einheiten von Bankengruppen zu erstellen, deren globaler Endbesitzer in der EU ansässig ist. Wir haben die Eigentümerinformationen mit den täglichen Aktienkursen von Datastream/Eikon für den Zeitraum von Januar 2012 bis Dezember 2014 zusammengeführt. Unsere letzte Hauptstichprobe umfasste 155 börsennotierte Banken.
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